Tongariro Crossing

Tag 23, 03.11. – Leuchtende Vulkane im Tongariro National Park

Auf dem Weg in den Tongariro Nationalpark telefoniere ich mit der Discovery Lodge, dem Campingplatz unserer Wahl, um zu erfahren ob es einen freien Platz und eine Dumpstation gibt, die wir unbedingt wieder brauchen. Platz gebe es genug, eine Dumpstation nicht, aber wir sollen erst mal kommen, das sei kein Problem und würde schon geregelt.

Wir fahren über weite Ebenen in Gelb-Grün-Brauntönen, die Vulkanspitzen immer im Blick, und steuern zuerst die Informationsstelle des DOC im Whakapapa Visitor Center an. Hier bildet eine Reliefkarte den Nationalpark samt Wanderwegen, Höhen und Tiefen ab und vermittelt so einen plastischen Eindruck von der Strecke. Ausserdem brauchen wir eine Wanderkarte und holen die aktuelle Wetterlage ein:

Friday: Fine, with some cloudy areas. Isolated showers possible in the afternoon. Light northerlies. Freezing level rising to 2600 metres.

Saturday: Fine and cloudy periods. Northwest winds. Freezing level rising to 3000 metres.

Sunday: Fine and cloudy periods. Northwesterlies, becoming moderate about the tops. Freezing level about 3000 metres.

Monday: Cloud increasing, and poor visibility in rain developing. Northwesterlies, briefly rising to gale. Freezing level above 3000 metres.

Der Samstag scheint uns der richtige Tag für das ersehnte Tongariro Crossing zu sein. Ich frage nach, ob es eventuell Nebel geben könne, was da oben bestimmt nicht angenehm ist. Garantien gebe es natürlich keine, das Wetter könne sich von einer Minute auf die andere ändern, aber wir hätten eine gute Chance auf freie Sicht.

Die Discovery Lodge macht einen super Eindruck. Sie befindet sich von Taupo aus kommend direkt am SH 47, ca. 1 km hinter Whakapapa auf der rechten Seite. Das grey water können wir in einen Abfluss laufen lassen, das black water dürfen wir kostenlos am Campingplatz am Visitor Center entsorgen. Ein Platz mit Strom für den Campervan kostet für 2 Personen 48 $ pro Nacht. Wir wollen 2 Nächte bleiben und buchen auch direkt einShuttle für morgen früh zum Tongariro Crossing.

Vom Campingplatz aus kann man die drei Vulkane sehen, die ganz nah scheinen, der Mt Ngauruhoe liegt mit einer Höhe von 2287 m direkt vor Kopf. Mal zeigt er seine Spitze, dann verschwindet er hinter Wolken. Vom Sonnendeck der Lodge aus ist die Aussicht noch besser. In der Guest Lounge spielen wir Pool und bereiten uns später in der Küche ein Curryhühnchen.

Der Sonnenuntergang haut uns dann um. Die Vulkane sind fast wolkenfrei und leuchten rosarot im Abendlicht.

Tag 24, 04.11. – Tongariro Crossing

Um 7.25 am werden wir vor der Discovery Lodge vom Tongariro Adventure Bus abgeholt. Wir warten mit einem älteren Paar aus Australien, das vor 2 Jahren schon mal die Tour machen wollte, was wegen des Wetters aber nicht möglich war. Der große Bus ist beinahe voll – wir sind die letzten, die zusteigen und müssen niemanden mehr abholen. Die Fahrt ist nur kurz, der Bus brettert über eine schmale Gravelroad, eine riesige Staubwolke hinter uns, zum Parkplatz an der Mangatepopo Hut.

Hier startet der Tongariro Crossing Track und führt über 18,5 km bis zum Parkplatz hinter der Ketetahi Hut, an dem wir um 4.00 pm wieder abgeholt werden. Der Track ist mit 6-8 Stunden veranschlagt. Wir brauchen 7 1/2 Stunden, wobei wir zügig gehen, aber Pausen bei den Highlights einlegen und zwischendurch immer wieder stehenbleiben um zu fotografieren.

Mit dem Wetter haben wir, wie vorhergesagt, Glück. Es ist zwar bewölkt und zeitweise doch neblig, doch das Licht ist hier oben sehr intensiv und zwischendurch zeigt sich immer wieder die Sonne. Wir gehen zeitgleich mit den anderen aus dem Bus los und bewegen uns anfangs in einer größeren Gruppe, die sich aber durch unterschiedliche Lauftempi auseinanderzieht und sich nur bei der längeren Rasten an den Emerald Lakes und der Ketetahi Hut wieder sammelt. Die Strecke ist abwechslungsreich, teilweise schon anstrengend, immer faszinierend.

Über altes und junges Lavagestein, Moose und Tussock-Gras, vorbei an den Soda Springs windet sich unser Weg heraus aus dem Mangatepopo-Tal, bis ein steiler Anstieg zwischen den Mounts Ngauruhoe und Tongariro zum Mangatepopo-Sattel führt. Im Nebel durchlaufen wir den South Crater, der kein richtiger Krater ist, sondern ein Basin, vermutlich durch Eis geformt und seitdem mit Sedimenten von den umliegenden Gebirgsgraten gefüllt. Rechts von uns liegt nun Mt Ngauruhoe, seine Spitze zeigt und versteckt sich dann wieder im Nebel – wie am Vortag vom Campingplatz aus beobachtet, nur sind wir dem Vulkan jetzt viel näher.

Nach dem Durchqueren des South Crater führt ein weiterer Anstieg teilweise durch Schnee, dann über einen schmalen Bergrücken zum Red Crater. Von hier hat man einen wahnsinnig weiten und beeindruckenden Ausblick und kommt sich ein bisschen vor wie Frodo – vorausgesetzt, man kennt den Film Der Herr der Ringe.

Oben angekommen steht man auf dem Grat des noch aktiven Red Crater und kann in ihn hineinsehen. Der Grat führt zum Gipfel des Red Crater (1886 m) und damit höchsten Punkt des Tongariro Crossing. Ab hier führt der Track über Lavageröll steil hinab zu 3 von Wasser gefüllten Explosionskratern, den türkis leuchtenden Emerald Lakes. Die Wanderung setzt sich fort über den Central Crater, der auch eher ein Basin als ein Krater ist zum Blue Lake. Dieser See ist den Māori heilig und man soll nicht in ihm schwimmen oder in seiner Nähe essen. Der Track führt weiter entlang der Flanken des North Crater zur Ketetahi Hut. Hier ist man dann angenehm geschafft, doch der Hike noch lange nicht: Der ca. 2-stündige Abstieg ist steil und zieht sich irgendwann. Danach ist man dann schon froh, wenn man im Bus sitzt und die Füße ruhen können.

Doch der Muskelkater ist schnell vergessen. Was bleibt, ist die Erinnerung an die landschaftlich beeindruckendste Wanderung, die ich bisher gemacht habe und ein unvergessliches Erlebnis.

Heute wollen wir bestimmt nicht mehr kochen, sondern essen im Restaurant der Discovery Lodge und spielen anschließend Pool mit einem Paar aus Bayern, die morgen den Track gehen werden.